Männerhaushalt
Einen Männerhaushalt erkennt man oft gleich beim Betreten des Männereichs. In den Wohnungen beziehungsweise Häusern herrscht eine andere „Ordnung“, als in einem Frauenhaushalt oder von – besser gesagt: In einem von einer Frau geführten Haushalt, schließlich leben ja auch Paare zusammen. Aber woran ist ein Männerhaushalt zu erkennen? Gibt es eindeutige Indizien?In den von Frauen geführten Haushalten kann vom Fussboden gegessen werden, während in den Männerhaushalten doch immer wieder Krümel oder dicke Staubflusen vorzufinden sind.
Ziemlich ganz oben auf der Liste steht das sogenannte offene- Zahnpastatuben- Phänomen. Die Tube wird einmal geöffnet und dann nie wieder, weil der Deckel auf mysteriöse Weise in den Unendlichkeiten des Universums verschwindet und nie wieder auftaucht. Die Zahnpaste am Tubenrand trocknet an und manchmal gelingt es nicht, auch nur einen Fitzel Paste heraus zubekommen und auf die Zahnbürste zu schmieren, so sehr man auch mit der Tube kämpft. Es gibt ja auch solche, deren der Rand schon verkrustet ist, und es einem trotzdem gelingt, Zahncreme heraus zu drücken – allerdings in einem dünnen Strahl von Stärke einer Druck- Bleistift- Mine.
Im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis meiner Freundinnen und mir gibt es auch einige Lebensgemeinschaften, in denen sie für das Brötchen verdienen zuständig ist und er einen auf Hausmann und gegebenenfalls Vater macht. Interessanterweise sieht es in diesen Haushalten aus, als würden dort nur Männer leben. Ich kann das voll und ganz verstehen, dass die Damen des Hauses nach über neun Stunden Abwesenheit nicht unbedingt das Bedürfnis verspüren, sich auch noch auf eine häusliche Putzorgie zu stürzen.
Apropos Putzorgie, da konnte Klara auch eine Story beitragen. Sie hatte einen Lover, bei dem nicht zu übersehen war, dass er geputzt hatte, wenn sie zu ihm zu Besuch kam. Es war zu erkennen, dass er geputzt hatte, allerdings nicht unbedingt so, dass der Fliesenboden glänzte und spiegelte. Das nun wahrlich nicht, dafür standen überall verteilt noch die Flaschen mit den verschiedenen Reinigungsmitteln herum – fein säuberlich in der ganzen Wohnung verstreut.
Dann sind noch Martha und ihre Dauer- Affäre. Sie können sich nicht oft sehen. Es war das erste Mal, als sie länger bei ihm blieb und er sie bekochte. Der schnibbelt filigran wie ein Uhrmacher, denn er ist ein Meister der schnellen Küche. Jedenfalls ist sie hin und wollte den Tisch decken, während er in der Küche wirbelte. Das muss man sich vorstellen: ein Riesending von einem Eichentisch, etwa zwei Meter sechzig lang und ein Meter breit. Mindestens ein Drittel stand voll mit Rechner, Monitor und haste nicht gesehen. An einer langen Seite standen seine Gitarren, der Synthi, riesige Boxen und zwei alte Stühle gab es auch. Martha, die Trulla, fragte ihn, ob er eine Tischdecke hat – dieser Blick von ihm…! Dann fragte sie ihn nach Servietten – wieder ein Blick und er meinte dann: „Ich habe Zewa wisch und weg ….“ . „Aha“ sagte sie ,„dann eben Besteck“, obwohl sie sich eigentlich schon gar nicht mehr getraut hatte, zu fragen. Aber siehe da und staune: Alles vom Feinsten. Teller, Gläser und Besteck, alles Markenware von WMF oder Villeroy. Das kam gut auf dem Eichentisch von 1900schlagmichtot.
Bruni, die eigentlich Brunhilde heißt, hat ein Händchen für die, na nennen wir sie mal, Wäsche- Typen. Die Schmutzwäsche liegt in allen Zimmern versprengt herum, außer vielleicht in der Küche nicht. Die saubere und unter Umständen eventuell zusammengelegte Wäsche findet irgendwie den Weg in den Schrank nicht und wird stapelweise ebenfalls über den gesamten Wohnraum verteilt oder hängt knochentrocken noch immer auf dem Wäscheständer.
Sieglinde, eine große kräftige Frau, gestanden wie eine deutsche Eiche und hart wie Krupp- Stahl, konnte normalerweise nichts so leicht erschüttern. In einer Cocktail- Bar hatte sie einen feschen und sehr gepflegt wirkenden Kerl kennengelernt. Nach einigen Cocktails und in guter Stimmung beschlossen sie, sich bei ihm einen Absacker zu gönnen, da er nicht weit entfernt wohnte. Es kam wie es kommen musste und sie landeten im Bett und schliefen nach einer heißen Nummer zusammen ein. Sie erwachte ziemlich früh, stand leise auf und ging ins Bad. Da fiel ihr Blick auf die Haarbürste, die auf der Ablage unter dem Spiegel lag. Haare befanden sich dort eigentlich nicht besonders viele drin, aber Staub. Und dieser Staub war nicht nur minimal an den Borsten, sondern verteilte sich über die ganze Fläche. Sie schüttelte sich bei dem Gedanken daran ein wenig und uns Zuhörerinnen sträubten sich die Nackenhaare. Ihr Blasendruck war wie weggeblasen, sie suchte ihre Sachen zusammen, zog sich an und verschwand, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Glücklicherweise gibt es den Begriff One- Night- Stand, denn für Sieglinde stand fest: einmal und nie wieder!
© majberlin im Oktober 2014