ohne Wandmalereien
oder besser Höhlenmalereien hätten wir wesentlich weniger Kenntnisse aus der (vor allem älteren) Geschichte.
Was damals die Menschen dazu bewegt hat, können wir nicht sagen, aber ein gewisser Bedarf bestand wohl schon lange, ist vielleicht eine menschliche Eigenschaft.
In den Beiträgen von mayberlin muss man denke ich unterscheiden zwischen Vandalismus, der sich teilweise im Beschmieren von Wänden äußert, und Graffiti als Kulturgut.
Es gibt nämlich beide Variationen:
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Vandalismus:
da ist wohl die Intention eine Mischung aus allen genannten Beweggründen in unterschiedlicher Zusammensetzung, je nach Person.
Teilweise ist es aber auch einfach eine Form, sich mitteilen zu wollen, manchmal als Protest gegen irgendwas oder irgendjemand, manchmal auch persönliche Gefühle der Außenwelt mitteilen. Wer hat nicht schon Herzen mit Namen oder Buchstaben auf Wände gemalt, in Wände, Bäume, usw. geritzt gesehen oder gar selbst gemacht, oder sowas wie xy was here vor allem bei Sehenswürdigkeiten und interessanten Stätten. Hier wird eine Wand oder ein Gegenstand als "Gästebuch" missbraucht. Nein, diese Leute sind sich keiner Schuld bewusst, sehen diese "Zeichen" nicht als Zerstörung fremden oder öffentlichen Eigentums, die denken in dem Moment überhaupt nicht darüber nach.
Anders sieht es bei denen aus, die bewusst aus Protest, aus Frust, aus Hass,... das Eigentum anderer beschädigen oder Zerstören. Über die Konsequenzen und die Höhe der Kosten werden auch die meist weniger nachdenken oder sie unterschätzen, aber sie wollen andere damit treffen.
Dass es oft Jugendliche sind, liegt am Alter, an der Entwicklung. Jugendliche brauchen Konflikte, sie müssen ihre Kräfte mit den Erwachsenen und teilweise auch mit der Gesellschaft messen. Haben sie dazu im privaten und schulischen Umfeld keine Gelegenheit, suchen sie andere "Gegner", um ihre Grenzen auszuloten.
Ich bin der Meinung, dass es deswegen heutzutage immer "schlimmer" wird, weil zum einen immer mehr Eltern sich weniger um ihre Kinder kümmern, teilweise ihnen keine oder zu wenige Grenzen setzen, zum anderen ändern sich auch die Lebensumstände ständig, Freiräume verschwinden und Erwachsene reagieren auf die Dinge, die sie selbst in ihrer Jugend gemacht haben, um zu provozieren, verständnisvoller als die damaligen Erwachsenen.
Wie sagte schon Sokrates (gekürztes Originalzitat):
"Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer"..
Es ist ein Problem der Gesellschaft, wie man untereinander und mit der Jugend umgeht. Es ist eine Gratwanderung zwischen dem Aufzeigen von Grenzen und Verständnis/ Toleranz. Wir alle müssten aufwachen, weniger dem Konmerz nachlaufen und uns dem Stress unterwerfen, sondern wieder auf die Grundgüter der Menschheit und des gesellschaftlichen Zusammenlebens zurückfinden, den Mitmenschen wirklich zuhören, ihnen Zeit schenken.
Die Jugendlichen sollten auf der einen Seite Grenzen erfahren dürfen (am besten in Bereichen, wo es niemanden weh tut), zum anderen aber auch ernst genommen werden und Verantwortung und Vertrauen bekommen.
Ich bin in einer Gemeinde aufgewachsen, in der das optimal funktioniert hat, dank unserem aufgeschlossenen Pfarrer. Wir haben auch Quatsch gemacht und provoziert, Streiche gemacht, die teilweise dann am nächsten Tag in der Zeitung standen, aber nie ernsthaft jemanden verletzt oder geschädigt. Aber auch zu der Zeit gab es schon viele Gegenden, in denen es anders zu ging. Den Grund, dass wir anders waren, sehe ich hauptsächlich darin, dass wir eben ernst genommen wurden, schon früh viel Verantwortung (für Kinder in Kindergruppen und Ferienlager) hatten und viel Vertrauen durch unseren Pfarrer erfuhren. Er hat uns den Mut gemacht, die Kinder eigenständig zu betreuen, war zwar bei den Ferienlagern dabei, hat aber uns die gesamte Organisation und die Entscheidungen überlassen, wir durften Gottesdienste nach unseren Bedürfnissen gestalten, selbst predigen (ohne dass er vorher irgendetwas zensiert hätte), er unterstützte uns bei der musikalischen Gestaltung, ließ uns freie Hand in der Wahl der Instrumente und Lieder (die Ordensschwester, die für die Kirchenmusik zuständig war, war oft schockiert über unsere Ideen "- ein Akkordeon ist doch kein Kircheninstrument" u.ä - aber wir hatten immer die Rückendeckung unseres Pfarrers. Dennoch hatten wir auch immer wieder Diskussionen mit ihm, weil wir auch mal über die Stränge schlugen, aber dadurch, dass er nicht einfach sagte: so geht das aber nicht, basta, sondern das Gespräch mit uns suchte und uns ernst nahm, haben wir das Verantwortungsbewusstsein erlernt, wir wollten sein Vertrauen nie enttäuschen, da wir ihn sehr schätzten. Der "Name", den wir ihm gaben, zuerst nur unter uns, irgendwann dann aber offen - auch ihm gegenüber - sagt viel aus, denn wir nannten (und tun dies noch heute, inzwischen ist er im Ruhestand und wir haben ein sehr herzliches Verhältnis zu ihm) "Chef".
Bei uns war es eine katholische Gemeinde, aber das kann auch jede andere Gruppierung (Verein, Schulklasse, ..) ebenso gut leisten, es kommt immer auf die Personen an, die verantwortlich sind.
Wir alle sind für unsere Kinder und Jugendliche, deren Entwicklung und dadurch auch die Zukunft unserer Gesellschaft verantwortlich! Man sieht ja, wie sehr Kinder und Jugendliche beeinflussbar sind, wenn man es richtig anpackt: z.B. an den Selbstmordattentaten durch junge Menschen in verschiedenen Bewegungen.
Vielleicht ist einfach die technische Entwicklung zur Zeit zu schnell für uns, die gesellschaftliche Entwicklung hinkt da - ebenso wie die Politik und Gesetzgebung - weit hinterher. Ich bin absolut für den Fortschritt, aber eben auf jeder Ebene. In manchen Dingen sind wir einfach zu träge und legen uns selbst (bürokratische) Hindernisse in den Weg.
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Graffiti als Kultur oder Subkultur oder auch Kunstrichtung
die "echten" Graffiti"künstler" verstehen sich wohl eher als Subkultur, denn auch diese ist (oder war mal) eine Art Abgrenzung zu der anerkannten Kunst und Kultur, ähnlich wie es die verschiedenen Musikrichtungen gibt, sich auch da immer neue entwickeln, um sich abzugrenzen. Auch das ist eine natürliche Entwicklung, die es schon immer gab, auch das zum Teil zurückzuführen auf das "AnderalsdieElterngererationseinwollen" der Jugend. Die meisten Künstler (gilt für bildende Künstler ebenso wie für Komponisten) wurden erst nach ihrem Tod "reich und berühmt". Heute leben wir aber in einer anderen Zeit, alles ist schnelllebiger, die Kommunikationswege viel schneller, ein Menschenleben im Durchschnitt aber länger. Das gibt viele Chancen aber bringt auch einiges an Chaos mit sich.
Ich finde es völlig okay, wenn leere Betonwände an Brücken, in Unterführungen usw. durch Graffiti gestaltet werden, das macht unsere Welt einfach bunter. Und es gibt da viele tolle Ergebnisse. Schade finde ich es, wenn diese Werke dann durch die, die eher zu den Vandalen zugeordnet werden müssten, übersprüht werden mit verunglimpfenden Worten und Zeichen. Manche tolle Werke überleben nicht mal einen Tag, andere Wochen und Monate. Das konnte ich in den letzten Wochen gut beobachten, da ich jede Woche ein bis zwei Mal durch eine Grünanlage mit mehreren Brücken fahren musste. Alle Brücken sind immer bemalt, mal mehr mal weniger kunstvoll. Shootings hatte ich da auch schon - die Bilder davon (vom Hintergrune) waren aber schon kurz darauf wieder übermalt.
Eine der Brücken ist übrigens sogar ausgewiesen als "free wall", also da ist es absolut legal und erwünscht, dass sie gestaltet wird. Davon sollte es mehr geben, oder besser- an solchen Stellen prinzipiell geduldet werden. Nicht offiziell, damit der Kick des Verbotenen bleibt, aber ohne Strafe, denn letztlich ist es doch schöner, eine bunte, schön gestaltete Wand anzuschauen, als eine graue Betonmauer. Kostengünstig ist das dann auch, denn so muss kein Maler bezahlt werden und man hat eine kostenlose immer wieder wechselnden Kunstausstellung. Die Jugendlichen können sich austoben und ihrer Phantasie freien Lauf lassen, also ein win-win.
Der Begriff "Kunst" lässt sich wohl nicht wirklich richtig fassen. Kunst liegt halt immer im Auge des Betrachters, ist also subjektiv.
Wenn ich mir anschaue, WAS alles schon als Kunst deklariert wurde und teilweise für teures Geld ge- oder verkauft, nur weil die Künstler sich bereits einen Namen gemacht hatten, rollen sich meine Fußnägel auf.
Aber ich sehe das ganz locker. ICH entscheide, was für MICH Kunst ist, egal ob als Schaffender oder Betrachter, und das gestehe ich jedem anderen auch zu. Das ist keine Frage des "Gefallens" - sondern der Einschätzung. Ich kann ein Werk als Kunst empfinden ohne dass es mir gefällt.
Es gibt allerdings durchaus auch objektive Kunstwerke, die sich durch besondere Ideen Können und Kreativität auszeichnen, aber das ist nur ein Teil der Kunst, praktisch der Olymp der Kunst.